Fazit und Bilanz
Spezialisiert, unabhängig, persönlich
sind die drei zentralen Stichworte, die „Krach & Krüger“ (so der Name der von 1972 bis 2011 bestehenden Sozietät) charakterisiert haben. Sie bezeichnen Grundsätze, die schon Dr. Fritz Krach als Gründer der 1954 eröffneten Kanzlei beherzigt hat und die ich als sein Sohn, der sie bis 2020 unter dem Sozietätsnamen und danach unter eigenem Namen weitergeführt hat, ebenso umzusetzen versucht habe. Das wurde im Laufe der Zeit nicht einfacher – vor allem dann, wenn man auch Rentabilitätsgesichtspunkte nicht völlig außer Acht lassen wollte. Die Spezialisierung auf das Haftung- und Schadensrecht litt zunehmend einerseits unter der Tendenz von Versicherern, mit der Abwehr von Klagen Großkanzleien zu mandatieren und andererseits unter ihrem Bestreben, Geschädigte per „Schadenmanagement“ und durch „Werkstattkooperationen“ vom Gang zum Anwalt/zur Anwältin abzuhalten. Wer nicht bereit war (und ist), im Gegenzug einen Teil seiner Unabhängigkeit aufzugeben und mit (auch Rechtsschutz-) Versicherern und/oder anderen nicht-anwaltlichen an der Schadenregulierung beteiligten Dienstleistern „zusammenzuarbeiten“, muss die (wirtschaftlichen) Konsequenzen tragen (zu dieser Thematik vgl. auch mein Beitrag „Hausanwalt“ – das Ende der unabhängigen Spezialisierung im Schadenersatzrecht aus 2010).
Es ist meinem Berufsstand bzw. den ihn vertretenden Verbänden jedenfalls bis heute nicht gelungen, das doch im Hinblick auf die (Anwalts-) Kostentragung wohl einmalig geschädigtenfreundliche deutsche Schadenersatzrecht so zu „bewerben“, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, nach einem Schadenereignis (nicht nur, aber vor allem im Straßenverkehr) juristischen – unabhängigen! – Rat zu suchen anstatt sich mit zweifelhaften Tipps – nicht zuletzt aus dem Internet – zu begnügen. Daran hat auch die als Werbemittel propagierte Mogelpackung „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ nichts geändert (vgl. näher hierzu mein Beitrag Der „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ unter Legitimationsdruck aus 2003).
Wer mit der Staatsmacht konfrontiert wird – etwa in Straf- oder Bußgeldverfahren – findet den Weg in die Anwaltskanzlei womöglich schneller, nicht zuletzt, wenn eine Rechtsschutzversicherung die Kosten trägt. Aus juristischer Sicht ist die Beschäftigung mit diesen Fällen nicht immer befriedigend, Ausnahmen bestätigen die Regel. Menschlich kann eine Verteidigung oder eine Nebenklagvertretung dagegen durchaus „gewinnbringend“ sein.
Das persönliche Element in der anwaltlichen Beratung ist aus meiner Sicht unabdingbar, es ist aber auch ein Kostenfaktor, wenn anwaltliche Beratung angemessen vergütet sein soll. In Strafsachen der Kanzlei „Krach & Krüger“ konnten nur selten Honorarvereinbarungen geschlossen werden und eine Abrechnung nach Stunden (mit dem jedenfalls heute nicht ungewöhnlichen Satz von zum Beispiel 200 €) wäre undenkbar gewesen. Wir sind deswegen den Weg gegangen, Personal- und Raumkosten zu reduzieren und als Anwälte (noch) mehr selbst zu erledigen, um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können. Die damit verbundenen Nachteile liegen auf der Hand. Jedenfalls ging bei uns die Steigerung der Effizienz (etwa durch vermehrt telefonische Abwicklung) nie auf Kosten des persönlichen Kontakts zwischen Anwalt und Mandant(in). Dass in der Kommunikation mit der „Gegenseite“, also insbesondere den Versicherern (zum Glück gilt dies – noch – nicht für Gerichte und Staatsanwaltschaften) das direkte Gespräch dank Zentralisierung, Rationalisierung und Automatisierung praktisch nicht mehr stattfindet, ist ein weiterer bedauerlicher Aspekt der sogenannten „Modernisierungstendenzen“ in der Schadenabwicklung.
Mein Fazit nach mehr als 30 Jahren spezialisierter Anwaltstätigkeit lautet daher: Der Beruf des Rechtsanwalts ist der schönste der Welt – solange man in einem Umfeld arbeiten kann, das wirtschaftliches Auskommen ermöglicht, ohne bei der fachlichen Expertise, der Wahrung größtmöglicher Unabhängigkeit und der Art und Weise der Mandateführung zu viele Kompromisse eingehen zu müssen. Dieses Umfeld kann eine Kanzlei von dem Zuschnitt, wie er für „Krach & Krüger“ charakteristisch war, nicht mehr garantieren. Es bleibt zu hoffen, dass alle bisherigen und auch alle potentiellen Klienten und Klientinnen meiner Kanzlei gut vertreten werden, wenn sie auf den einschlägigen Rechtsgebieten (erneut) Rat und Unterstützung suchen. Ich bedanke mich für das Vertrauen, dass sie meinen Vorgängern und mir in der Vergangenheit entgegengebracht haben.
Mainz, im Januar 2023
Dr. Tillmann Krach